Ein "Slammerkin" ist ein voluminöses Kleid, das etwa Mitte des 18. Jahrhunderts von betuchten Damen getragen wurde - wobei "betucht" wörtlich verstanden werden kann, da das Kleid über einen Reifrock und ein Hüftgestell gestülpt wird und Unmengen Stoff verbraucht. Dazu kommen aufwendige Schnittdetails und Stickereien - wer möchte, kann sich im Internet Beispiele ansehen. Slammerkin ist der Originaltitel des historischen Romans "Das rote Band" von Emma Donoghue, eine Autorin, die von sich selbst sagt, dass sie zu düsteren Darstellungen neige. Der Plot des Romans könnte kaum düsterer sein, und im Nachwort versichert die Autorin überdies, dass es sich um eine Geschichte handelt, die den Eckdaten nach genauso passiert ist.
Mary Saunders, die wir als dreizehnjährige Londonerin kennen lernen, hat noch nie im Leben etwas Buntes besessen: sie wohnt im Armenviertel Rookery, die Mutter säumt Unterröcke für Akkordlohn, und Marys wenige Kleider sind ungefärbt, bräunlich oder grau. Auf den Straßen Londons begegnet sie ständig auffällig angezogenen Damen mit Bändern im Haar, viele davon offensichtlich Huren. Mary hat keine Illusionen. Ihr Wunsch nach einem roten Haarband ist derart überwältigend, dass sie bereit ist, einen Straßenhändler mit dem zu bezahlen. was man heutzutage einen Quickie im Stehen nennt. So schnell und leicht hat sie noch nie etwas verdient. Und auf "anständigem" Wege, das hat sie schnell verstanden, wird sie es ohnehin nie zu etwas bringen. Ihrer Mutter, die sie in einen Dienst vermitteln will, wirft sie an den Kopf: "Ich will etwas Besseres werden als Näherin oder Dienstmagd".
Einstweilen wird Mary aber nur Hure, nachdem ihre Mutter sie hinausgeworfen hat. Nach einer eindrucksvollen Lehrzeit auf der Straße wird sie als Fünfzehnjährige schwer krank und muss einige Zeit in einem Hospital verbringen. Sie sucht nach Auswegen. Nach ihrer Entlassung beschließt sie, sich einige Zeit aufs Land zu verziehen, in den Heimatort ihrer Mutter: Monmouth. Dort verdingt sie sich als Näherin bei Verwandten. Die Türen in eine einfache, anständige Existenz scheinen wieder offen. Doch die schlimmen Erfahrungen ihrer Zeit auf der Straße gären in ihr.
Emma Donoghue bezieht sich auf einen Mordfall, der sich im September 1763 in Monmouth ereignet hat. Dass ihre Protagonistin am Ende unter schwerer Anklage steht, wissen wir von Anfang an: In einem kurzen Prolog sehen wir Mary im Kerker, im Elend erstarrt. An dem titelgebenden roten Band, ihrem Symbol der Hoffnung, hält sie jedoch eisern fest.
Die Autorin bedient nicht die Erwartungen der meisten History-Leserinnen. Ihre Protagonistin hat niemals eine wirkliche Chance, sich aus dem Elend zu erheben. Ihre Skrupellosigkeit und Gewitztheit mag ihr zugute kommen, reicht aber letztlich nicht weiter als aus einer Rinnsteinpfütze in die nächste. Schon der Prolog stellt klar, dass wir keine Hoffnung haben sollten. Das Buch ist sauber recherchiert, stilistisch überzeugend, bietet viel Lokal- und Zeitkolorit und glaubhafte Charaktere bis zur letzten Nebenperson, wie die schwarze Bedienstete Abigail und den Laufburschen Daffy, der sich um Mary bewirbt. Trotzdem - das Buch beschreibt nichts anderes als eine Spriale nach unten, und Mary ist kein Mädchen, das der Leserin ans Herz wächst, so sehr sich die Autorin bemüht, ihr Handeln als logisch und verständlich darzustellen. Dass das Buch trotzdem posotiv aus der History-Masse à la Wanderhure heraussticht, ist jedenfalls ehrenwert.
"Slammerkin"
Ein "Slammerkin" ist ein voluminöses Kleid, das etwa Mitte des 18. Jahrhunderts von betuchten Damen getragen wurde - wobei "betucht" wörtlich verstanden werden kann, da das Kleid über einen Reifrock und ein Hüftgestell gestülpt wird und Unmengen Stoff verbraucht. Dazu kommen aufwendige Schnittdetails und Stickereien - wer möchte, kann sich im Internet Beispiele ansehen. Slammerkin ist der Originaltitel des historischen Romans "Das rote Band" von Emma Donoghue, eine Autorin, die von sich selbst sagt, dass sie zu düsteren Darstellungen neige. Der Plot des Romans könnte kaum düsterer sein, und im Nachwort versichert die Autorin überdies, dass es sich um eine Geschichte handelt, die den Eckdaten nach genauso passiert ist.
Mary Saunders, die wir als dreizehnjährige Londonerin kennen lernen, hat noch nie im Leben etwas Buntes besessen: sie wohnt im Armenviertel Rookery, die Mutter säumt Unterröcke für Akkordlohn, und Marys wenige Kleider sind ungefärbt, bräunlich oder grau. Auf den Straßen Londons begegnet sie ständig auffällig angezogenen Damen mit Bändern im Haar, viele davon offensichtlich Huren. Mary hat keine Illusionen. Ihr Wunsch nach einem roten Haarband ist derart überwältigend, dass sie bereit ist, einen Straßenhändler mit dem zu bezahlen. was man heutzutage einen Quickie im Stehen nennt. So schnell und leicht hat sie noch nie etwas verdient. Und auf "anständigem" Wege, das hat sie schnell verstanden, wird sie es ohnehin nie zu etwas bringen. Ihrer Mutter, die sie in einen Dienst vermitteln will, wirft sie an den Kopf: "Ich will etwas Besseres werden als Näherin oder Dienstmagd".
Einstweilen wird Mary aber nur Hure, nachdem ihre Mutter sie hinausgeworfen hat. Nach einer eindrucksvollen Lehrzeit auf der Straße wird sie als Fünfzehnjährige schwer krank und muss einige Zeit in einem Hospital verbringen. Sie sucht nach Auswegen. Nach ihrer Entlassung beschließt sie, sich einige Zeit aufs Land zu verziehen, in den Heimatort ihrer Mutter: Monmouth. Dort verdingt sie sich als Näherin bei Verwandten. Die Türen in eine einfache, anständige Existenz scheinen wieder offen. Doch die schlimmen Erfahrungen ihrer Zeit auf der Straße gären in ihr.
Emma Donoghue bezieht sich auf einen Mordfall, der sich im September 1763 in Monmouth ereignet hat. Dass ihre Protagonistin am Ende unter schwerer Anklage steht, wissen wir von Anfang an: In einem kurzen Prolog sehen wir Mary im Kerker, im Elend erstarrt. An dem titelgebenden roten Band, ihrem Symbol der Hoffnung, hält sie jedoch eisern fest.
Die Autorin bedient nicht die Erwartungen der meisten History-Leserinnen. Ihre Protagonistin hat niemals eine wirkliche Chance, sich aus dem Elend zu erheben. Ihre Skrupellosigkeit und Gewitztheit mag ihr zugute kommen, reicht aber letztlich nicht weiter als aus einer Rinnsteinpfütze in die nächste. Schon der Prolog stellt klar, dass wir keine Hoffnung haben sollten. Das Buch ist sauber recherchiert, stilistisch überzeugend, bietet viel Lokal- und Zeitkolorit und glaubhafte Charaktere bis zur letzten Nebenperson, wie die schwarze Bedienstete Abigail und den Laufburschen Daffy, der sich um Mary bewirbt. Trotzdem - das Buch beschreibt nichts anderes als eine Spriale nach unten, und Mary ist kein Mädchen, das der Leserin ans Herz wächst, so sehr sich die Autorin bemüht, ihr Handeln als logisch und verständlich darzustellen. Dass das Buch trotzdem posotiv aus der History-Masse à la Wanderhure heraussticht, ist jedenfalls ehrenwert.